Luzerner Polizei: Siro, Brückenbauer

Brückenbauerarbeit ist Aufklärungsarbeit, die mit Vertrauensaufbau einhergeht.

Die Kommunikation ist dabei ein zentrales Element.

Stell dich doch mal vor. Wer bist du?

Mein Name ist Siro und ich arbeite seit 2014 bei der Luzerner Polizei. Wer mich kennt, würde mich wohl als vielseitig interessierte Person beschreiben. Ich höre gerne zu und mag angeregte Gespräche. Ich entdecke gerne Neues und bin auch bereit, davon überrascht zu werden. Vielleicht sind das die Eigenschaften, die mich zur Polizei und später zu meiner heutigen Funktion als Brückenbauer beim Präventionsdienst der Luzerner Polizei geführt haben. Als Brückenbauer bin ich eine Verbindungsperson zwischen der Migrationsbevölkerung und der Luzerner Polizei.

Wie bist du zur Polizei gekommen? Was waren die Gründe für deine Berufswahl „Polizist“?

So abschliessend kann ich den Lauf der Dinge gar nicht mehr beschreiben. Vor zwei Jahren kam mir beim Umzug in eine neue Wohnung ein Zettel aus meiner Oberstufenzeit in die Finger. Im damaligen Unterricht hielt ich auf einer Collage „Polizist“ als Berufswunsch fest. Mich erstaunte dieser Fund, packte mich doch später das Interesse an Mathematik und Technik, worauf ich eine Lehre als Elektroniker absolvierte. Der anschliessende Berufsalltag liess die Frage aufkommen, wie wachse ich persönlich beim Ausüben meiner Arbeit, der ich wöchentlich über 40 Stunden widme. Dies liess mich auch hinterfragen, was mich als Mensch besonders interessiert und was mir Freude bereitet. Ich stellte fest, dass sich meine Neugier weg vom Technischen mehr zum Menschlichen verlagert hatte. Die Gesellschaft, in der wir leben, ist um einiges vielfältiger als mein persönliches Umfeld. Ich suchte einen Weg, mit verschiedenen sozialen Schichten, verschiedenen Schicksalen und total unterschiedlichen Lebenswelten in Berührung zu kommen. Der Polizeiberuf bringt all das mit und bietet einen Alltag, der nicht planbar ist. In meinen Jahren bei der Polizei konnte ich beruflich wie persönlich wachsen.

Wo warst du im Verlauf der Jahre bei der Luzerner Polizei überall tätig?

Ich absolvierte 2014 die Polizeischule in Hitzkirch und hatte danach das Glück, gemäss meines Wunsches in die Polizeiregion Stadt Luzern eingeteilt zu werden. Ich freute mich in einem städtischen Gebiet im Einsatz zu stehen und in einer 24h-Gesellschaft für Sicherheit und Ordnung da zu sein. Das erste Jahr leistete ich meinen Dienst im sogenannten City-Plus-Element. Die bürgernahe Polizeiarbeit, die von Fusspatrouille, Präsenzarbeit und Brennpunktbewirtschaftung geprägt war, stellte einen guten Einstieg in die Polizeiarbeit dar. Wie damals vorgesehen, wechselte ich nach einem Jahr in einen der Einsatzzüge der Polizeiregion Stadt Luzern. Von da an war ich mehrheitlich im Auftrag der Einsatzleitzentrale unterwegs. Das bedeutet, Notrufe wurden durch unsere Zentrale verteilt, und gemeinsam mit der Patrouillenkollegin oder dem Patrouillenkollegen wurde ich an verschiedenste Einsätze geschickt. In dieser Zeit erlebte ich viele ernste, spannende, herausfordernde, schöne, aber auch gefährliche Situationen. Wie gross die Spannweite von Aufträgen ist, die man als Einsatzpatrouille erhält, kann fast nicht beschrieben werden. Die Jahre an der Front bei der Uniformpolizei waren enorm lehrreich. Auch wenn ich heute selbst nicht mehr auf Patrouille unterwegs bin, habe ich einen sehr hohen Respekt gegenüber den Kolleginnen und Kollegen, die tagtäglich diesen persönlich fordernden Dienst im Namen der Sicherheit leisten.

Noch während meiner Zeit bei der Uniformpolizei bildete ich mich in Konfliktbewältigung weiter. Die Weiterbildung legte einen besonderen Schwerpunkt darauf, wie kulturelle Unterschiede Konflikte beeinflussen können. Von dieser Weiterbildung wie auch von den Erfahrungen aus der Zeit bei der Uniformpolizei profitiere ich in meiner heutigen Funktion als polizeilicher Brückenbauer. Seit gut zwei Jahren bin ich nun in dieser Funktion für den Präventionsdienst tätig.

Heute besetzt du die Stelle des „Brückenbauers“. Was können wir uns darunter vorstellen?

Die Bezeichnung „Brückenbauer“ kann zuerst etwas irritieren. Trotzdem beschreibt sie ziemlich genau den Kern meiner Arbeit. Im Kanton Luzern wohnt eine Vielzahl von Menschen, für deren Sicherheit wir zuständig sind. Wer in der Schweiz zur Schule gegangen ist, erlebte meist bereits in der Kindheit mehrere positive Kontakte mit der polizeilichen Schulinstruktion, die wichtige Grundlagen für das sichere Bewegen im Strassenverkehr legt und zu Themen der Kriminalprävention informiert. Da uns Bevölkerungsnähe sehr wichtig ist, gilt es auch bei Menschen, die zugewandert sind, die Polizei als Ansprechpartnerin zu positionieren. Die Verbindungsperson ist der Brückenbauer. Ich stehe im persönlichen Austausch mit verschiedenen Kulturvereinen, Glaubensgemeinschaften oder auch Organisationen aus dem Integrationsbereich. Möchten wir als Polizei problematische Entwicklungen früh erkennen, sind wir auf die Hilfe der Bevölkerung angewiesen. Damit diese Zusammenarbeit geschehen kann, muss die Polizei wie erwähnt als Partnerin wahrgenommen werden. Neben dieser Netzwerkarbeit informiere ich Geflüchteten an Informationsanlässen über die Rolle der Polizei in der Schweiz, erkläre, was bei einer Begegnung mit der Polizei wichtig ist und welche Gesetze gelten. Dabei thematisiere ich Dinge wie Nachtruhe, Littering oder die Meldung einer Straftat beim Polizeiposten. Brückenbauerarbeit besteht demnach stark aus Aufklärungsarbeit, die mit Vertrauensaufbau einhergeht.

Wird für diese Position eine spezielle Ausbildung benötigt? Wie hast du dich auf die im 2020 neu geschaffene Stelle vorbereitet?

Die Kommunikation ist bei der Brückenbauertätigkeit wie bei der Uniformpolizei ein zentrales Element. Die Erfahrungen aus der Fronttätigkeit sind der wichtige Grundpfeiler. Zusätzlich spielen verstärkt Aspekte von Interkulturalität hinein, also die Fähigkeit, kulturübergreifende Kontakte gewinnbringend gestalten zu können. Vor dem Antritt der Brückenbauerstelle habe ich die erwähnte Weiterbildung (CAS) zum Thema Konfliktbewältigung absolviert. Nach dem Stellenantritt folgten zwei weitere CAS, eines zur Gestaltung von interkulturellen Begegnungen und eines zu Leadership. Alle drei Weiterbildungen helfen mir, meine Tätigkeit als Vertreter der Polizei professionell auszuüben und polizeiintern zu interkulturellen Fragestellungen zur Verfügung zu stehen.

Sicherlich hattest du als „Brückenbauer“ unzählige interessante Begegnungen. Möchtest du einen Moment mit uns teilen?

Nach einem Informationsanlass für Geflüchtete, die erst seit einigen Monaten in der Schweiz lebten, erhielt ich eine spannende Rückmeldung eines Teilnehmers. Er berichtete, dass er nie gedacht hätte, ohne Angst jemals mit einem Polizisten sprechen zu können. Er erklärte, ihm sei der Umstand, dass eine Straftat sich auch auf eine spätere Jobsuche oder Wohnungssuche auswirken könne, nicht bewusst gewesen. Darüber hinaus habe er vor dem Anlass angenommen, dass ihm möglicherweise Kosten für einen Polizeieinsatz in Rechnung gestellt werden könnten, wenn er die Polizei bei einer verdächtigen Wahrnehmung alarmiere. Diese Rückmeldung zeigt mir, wie wichtig diese Aufklärungsarbeit ist und dass es zentral ist, auch Dinge anzusprechen, die auf den ersten Blick selbstverständlich erscheinen.

Deine Stelle dient der Förderung des interkulturellen Austausches. Stellen sich dir hierbei auch Herausforderungen? Gibt es allenfalls Verständigungsprobleme?

Die Frage betreffend Verständigung höre ich oft. Bei Informationsanlässen kommen teilweise Übersetzer/innen zum Einsatz. Bei der Netzwerkarbeit sprechen meine Kontaktpersonen mehrheitlich deutsch oder englisch. Eine Verständigung ist damit möglich. Sie fungieren dann auch als Übersetzer für Personen aus ihrer Community, die nicht deutsch sprechen. Bis jetzt haben wir noch immer eine Lösung gefunden.

Bei Erstkontakten habe ich mehrfach erlebt, dass die Polizei nur schwer als präventiv wirkende Instanz wahrgenommen werden konnte. Zu stark waren Erfahrungen aus den Herkunftsländern mit einer Polizei, die sich nur repressiv zeigte. Regelmässige Kontakte helfen hier beim Vertrauensaufbau.

Diese Kontakte sind eine wichtige polizeiliche Ressource. Sind wir zum Beispiel mit Geschehnissen im Ausland konfrontiert, die sich auf die Diaspora in der Schweiz auswirken, kann der Einblick über das Brückenbauernetzwerk relevant für die Sicherheit hierzulande sein. Ich erlebe aus den Communitys viel Wertschätzung in diesem Zusammenhang. Machen sich Sicherheitsbedenken breit oder erwartet man Ausschreitungen, so hat man einen niederschwelligen Kontakt zur Polizei, mit der man die Angelegenheit besprechen kann. Eine Herausforderung ist, dass durch den Kontakt vereinzelt auch nichtpolizeiliche Fragestellungen an mich getragen werden. In solchen Fällen bin ich glücklicherweise auch gut mit verschiedenen Beratungsstellen vernetzt, an die ich gezielt weiterverweisen kann.

Vielen Dank für den spannenden Einblick. Noch eine letzte Frage. Der Polizeiberuf hat sich über die Jahre verändert und bringt neue Herausforderungen mit sich.

Würdest du dich trotzdem wieder für den Beruf „Polizist“ entscheiden?

Ich würde mich wieder für den Polizeiberuf entscheiden. Die Erhaltung von Sicherheit und Ordnung geschieht im Namen der Bevölkerung. Als Polizist habe ich die Möglichkeit, mich für eine sichere und lebenswerte Gesellschaft einzusetzen. Wir können in unserem Beruf dann Halt und Orientierung geben, wenn es besonders gebraucht wird und schaffen durch Prävention und Ahndung von Straftaten Vertrauen in unser Rechtssystem.

Wir geben dir das Schlusswort. Möchtest du noch etwas ergänzen?

Gerne schliesse ich mit einem Zitat: „Sicherheit ist keine Ware, die man kaufen kann. Sicherheit ist ein Zustand, den man sich erarbeiten muss.“ – Dietmar Woidke

 

Quelle: Luzerner Polizei
Bildquelle: Luzerner Polizei