Schweizer Armee: Einsatz zugunsten Stabilität und Sicherheit

Frieden und Stabilität auf dem Balkan stellt ein direktes Interesse der Schweiz dar. Dazu trägt auch die Schweizer Armee bei: Sie beteiligt sich mit dem Kontingent der SWISSCOY zugunsten der Kosovo Force (KFOR) sowie Armeeangehörigen innerhalb der Mission Althea der European Union Force (EUFOR) in Bosnien und Herzegowina.

Die auf dem Balkan eingesetzten Soldatinnen und Soldaten erfüllen in dieser Region Aufträge, die einen direkten Einfluss auf die Sicherheitslage vor Ort haben.

Frieden und Stabilität auf dem Balkan ist für die Schweiz von sicherheitspolitischer Bedeutung. Gegenwärtig ist die Situation in Kosovo zwar stabil, jedoch nach wie vor durch Volatilität gekennzeichnet. Vor diesem Hintergrund bleibt die KFOR als militärische Garantin eines sicheren Umfelds notwendig, das für die Entwicklung Kosovos und die Stabilität der ganzen Region förderlich ist. Mit ihrer Teilnahme an der KFOR bestätigt die Schweiz ihre Bereitschaft, ihren Teil der Verantwortung für die Stabilität auf dem Balkan zu übernehmen. Angesichts der aktuellen Lage im Osten Europas ist diese Beteiligung umso wichtiger. So teilt dies der Bundesrat in seiner Botschaft zur Verlängerung des Mandates der SWISSCOY zugunsten der KFOR mit. Doch wie kann die Schweizer Armee zu dieser Stabilität beitragen? Besitzt sie die richtigen Kompetenzen? Und tragen die Leistungen der Armeeangehörigen effektiv zur Stabilität in dieser Region bei?

Hochwertiger Schweizer Beitrag

Schaut man auf die Grösse der SWISSCOY, so entspricht diese mit 195 Armeeangehörigen knapp fünf Prozent der gesamten Truppenstärke der KFOR. Damit leistet sie personell einen Beitrag, der leicht über dem Durchschnitt der 27 truppenstellenden Nationen dieser Mission liegt. Bei den Funktionen, welche die Schweizer Soldatinnen und Soldaten übernehmen, und den Aufträgen, die sie ausführen, handelt es sich um qualitativ hochwertige Leistungen, die der KFOR in verschiedenen Bereichen einen grossen Mehrwert bieten. Der Kommandant der KFOR, Major General Angelo Michele Ristuccia, bestätigt dies: „Die Schweiz erbringt substantielle Leistungen, die zur Stabilität in ganz Kosovo beitragen und stellt der Mission wichtige und hochwertige Elemente zur Verfügung. Weiter verfügen die Schweizerinnen und Schweizer über grosses fachliches und militärisches Knowhow, welches sie hier zugunsten der KFOR einsetzen.“ Damit spricht er besonders die Leistungen an, welche die SWISSCOY zugunsten der Hauptaufträgen der KFOR erbringt: die Gewährleistung eines sicheren und stabilen Umfelds (Safe And Secure Environment, SASE) sowie die Sicherstellung der Bewegungsfreiheit für alle Personen in Kosovo (Freedom of Movement, FOM).

Breitgefächertes Fachwissen

Die Schweizer Armee unterstützt die KFOR mit operationell tätigen Elementen. Konkret sind dies unter anderem Beiträge zur Kampfmittelbeseitigung, dem Lufttransport, der Lageverfolgung und -beurteilung, der medizinischen Versorgung oder auch der internationalen Militärpolizei und in Form von Stabsoffizieren auf Stufe des Hauptquartiers sowie der regionalen Kommandos. Dass die Armeeangehörigen der Schweiz über ein breites fachliches Wissen verfügen, zeigt die SWISSCOY auch im Bereich des Freedom of Movement. Zugunsten dieses KFOR-Auftrages übernimmt das Schweizer Kontingent Aufgaben im Transportbereich sowie in Form von Geniearbeiten und der Kampfmittelbeseitigung. Die Force Protection – also der Schutz aller beteiligten KFOR-Angehörigen – ist ein weiteres Element, welches jedoch von anderen truppenstellenden Nationen sichergestellt wird. Zusammen ergeben sie ein sogenanntes „Freedom of Movement Detachement“ (FOMD), das die KFOR einsetzen kann, um die Bewegungsfreiheit für alle Personen in Kosovo sowie der Mission selbst sicherzustellen. Notwendig war dies zuletzt im Januar dieses Jahres, als Strassenblockaden, sogenannte Roadblocks, Verkehrswege im Norden von Kosovo blockierten. Schweizer Pioniere öffneten diese Barrikaden und beseitigten die dafür eingesetzten abgebrannten LKWs. Dieses Engagement trägt nicht nur dazu bei, dass sich alle Bewohnerinnen und Bewohner in Kosovo sowie Organisationen frei in allen Teilen des Landes bewegen können, sondern durch diese Auftragsausführung werden auch wichtige Erfahrungswerte für die Schweizer Armee gewonnen. Diese fliessen als „Lessons learned“ in den Militärdienst in der Schweiz mit ein – sei dies in den Ausbildungsdienst der Miliz oder die Arbeit der Berufsformationen, bei Inlandeinsätzen oder bei der militärischen Katastrophenhilfe.

Beurteilen von sicherheitsrelevanten Informationen

Einen aktiven Beitrag zur Gewährleistung eines sicheren und stabilen Umfelds leisten die Schweizer Angehörigen der Liaison and Monitoring Teams (LMT). Diese stellt die Schweiz an insgesamt sechs Standorten – sowohl im mehrheitlich kosovo-albanischen Teil im Süden des Landes als auch im Norden, der überwiegend durch Kosovo-Serben bevölkert ist. Damit stehen Angehörige der SWISSCOY in beiden ethnisch geprägten Regionen im Einsatz und sprechen als Teil einer unparteiischen und UNO-mandatierten Mission mit allen Volksvertreterinnen und -vertreter. Die Soldatinnen und Soldaten der LMT stehen zugunsten ihrer Auftragserfüllung mit einer Vielzahl von Organisationen (staatliche, regionale oder zivile) sowie mit Personen aller ethnischen Zugehörigkeiten in stetem Kontakt. Hierbei gilt es, das „im Kontakt stehen“ von einer „engen Zusammenarbeit“ richtigerweise abzugrenzen. Beispielsweise erhalten die LMT regelmässig Informationen von den lokalen Sicherheitsorganen im Einsatzraum. Dieser Kontakt findet allerdings in erster Linie statt, um zugunsten der KFOR Zugang zu sicherheitsrelevanten Informationen zu erhalten, die einen Einfluss auf die Stabilität der Region haben könnten. Der Mission dienen diese Informationen als Grundlage für die Beurteilung der Situation im ganzen Land und damit als Entscheidungsgrundlage, um die Ausrichtung der Einsatzmittel zu steuern. Die tägliche Arbeit der LMT trägt somit dazu bei, die Sicherheit und Stabilität für alle Bürgerinnen und Bürger – kosovo-serbische, kosovo-albanische oder von anderen ethnischen Gruppen – gewährleisten zu können. Daneben fungieren die LMT auch als Anlaufstelle für Organisationen und Personen, welche mit der KFOR in Kontakt treten möchten. Als neutrale Akteurin der internationalen Gemeinschaft stellt sich die KFOR nicht auf die Seite einer der Konfliktparteien und die SWISSCOY-Angehörigen treten entsprechend auf. Dabei helfen ihnen der gute Ruf der Schweiz, deren Neutralität auch in Kosovo weitläufig bekannt ist. Gut erkennbar an dem Schweizerkreuz auf ihren Schultern werden sie im ganzen Land gern gesehen und die Freundlichkeit sowie der Respekt ist von allen Seiten jederzeit vorhanden. Ideale Voraussetzungen für die Schweizer Armeeangehörigen, um einen Beitrag zur Stabilität und den Frieden in Kosovo zu erbringen.

Erfolgreiche Aufgabenbewältigung

Der Einsatz der SWISSCOY dauert bereits seit über 20 Jahren und begann 1999 direkt nach dem Kosovokrieg. Eine lange Zeit? Dies mag auf den ersten Blick so erscheinen. Betrachtet man allerdings die Geschehnisse und Verbrechen während des Krieges und verbindet diese mit der Tatsache, dass seit diesen Ereignissen noch nicht einmal eine Generation vergangen ist, so relativiert sich diese Zeitspanne – die Geschehnisse während des Krieges sind in der Bevölkerung nach wie vor präsent. Dennoch gab es in den vergangenen Jahren positive Entwicklungsschritte: Zu Beginn betrug die Truppenstärke der KFOR über 50‘000 Soldaten. Mittlerweile konnte die Mission ihre Grösse auf rund 3’800 Angehörige reduzieren, ohne dass es zu einem grösseren Aufflammen des Konflikts über das ganze Land kam. Dies zeigt, dass die KFOR und damit die SWISSCOY, ihre Aufgaben erfüllt und ihre Aufträge zur Stabilität der Region wahrnimmt. Auch dank dieser Mission kann in den meisten Teilen des Landes die Lage mittlerweile als ruhig und stabil betrachtet werden. Dennoch zeigen Ereignisse wie jene Ende 2022 auf, dass insbesondere in Nordkosovo die Situation fragil sowie zeitweise angespannt und deshalb die Präsenz der KFOR nach wie vor wichtig ist.

Return on Investment

Parallel zum Beitrag zur Stabilität und Sicherheit auf dem Balkan profitiert ebenfalls die Schweizer Armee vom Einsatz. Als Return on Investment bringen die Angehörigen wertvolles Wissen mit nach Hause – unabhängig davon, welcher Arbeit sie nach dem Einsatz nachgehen. Berufsmilitärs profitieren von Erfahrungen in der internationalen Zusammenarbeit und dem Wissen, wie andere Streitkräfte funktionieren. Wieder Zuhause können sie während ihrer Arbeit das eigene Handeln differenzierter einschätzen und sehen, wo Stärken und Schwächen der Schweizer Armee in Vergleich zu anderen Nationen liegen. Im Auslandseinsatz neu erworbenes Wissen können sie beispielsweise im Ausbildungsdienst oder während Inlandeinsätzen, wie dem WEF, integrieren. Aber auch Personen, die den Einsatz aus dem zivilen Umfeld antreten, nehmen einen Mehrwert mit nach Hause: Sie lernen die militärische Seite ihres Berufes kennen und können Fachwissen im Einsatz auf die Probe stellen oder im Studium erlernte theoretische Grundlagen im internationalen Kontext anwenden. Dies zum Beispiel in den Bereichen der Medizin, der Rechts-, Religions- oder Sozialwissenschaften, im Transportwesen oder der Logistik. Doch nicht nur auf personeller Ebene generiert der Einsatz wichtige Expertise: Die Armee gewinnt ausserdem wichtige materielle und logistische Erfahrungen, etwa für die Einführung neuer Fahrzeuge oder von neuer Ausrüstung. Damit erbringt die Schweiz mit dem Einsatz in Kosovo nicht nur einen Beitrag zum Frieden und Stabilität im nahen Ausland und zeigt damit Verantwortung auf internationaler Ebene, sondern generiert auch einen vielseitigen Mehrwert für die Schweiz.


Schweizer LMT-Angehörige im Gespräch mit lokalen Personen.

Schweizer Offiziere stehen im Hauptquartier der KFOR und den regionalen Kommandos im Einsatz.

Spezialisten der Kampfmittelbeseitigung trainieren im Einsatzraum das Zusammenspiel mit dem Lufttransport-Detachement und den Medics.

Titelbild: Einsatz zugunsten der Bewegungsfreiheit: Schweizer Armeeangehörige beim Öffnen einer Strassenblockade Anfang 2023 im Nordkosovo. © Staff Sgt. Anna Pongo, KFOR Regional Command East

 

Quelle: Schweizer Armee
Bildquelle: Schweizer Armee