Kanton Nidwalden: Polizeiliche Kriminalstatistik 2022
Nachdem es in der Zeit der pandemiebedingten Einschränkungen weniger Straftaten gegeben hatte, erreicht die Kriminalität im Kanton Nidwalden im vergangenen Jahr fast wieder das Vor-Corona-Niveau.
Im Jahr 2022 registrierte die Kantonspolizei Nidwalden 9% mehr Straftaten als im Vorjahr.
Während die Zahl der Gewaltstraftaten zurückgegangen ist, haben die Einbrüche nach einem Rekord-Tief im letzten Jahr markant zugenommen. Auch der Trend zur Verlagerung der Kriminalität in den digitalen Raum hat sich erneut weiter verschärft. Aufgrund der Bewältigung von grossen und komplexen Fällen im Bereich Vermögens- und Freiheitsdelikte, den gestiegenen Ansprüchen in der Ermittlungsarbeit und den knappen Personalressourcen, musste die Kantonspolizei Nidwalden auf die Bearbeitung weiterer wichtiger Deliktsbereiche der klassischen Holkriminalität, wie beispielsweise Betäubungsmitteldelikte, verzichten, was in der Polizeilichen Kriminalstatistik entsprechend zum Ausdruck kommt. Die Sicherheitslage darf aktuell als stabil und gut bezeichnet werden.
Die Zahl der im Kanton Nidwalden polizeilich festgestellten Delikte gemäss Strafgesetzbuch (StGB) hat im Jahr 2022 (1’120) gegenüber dem Vorjahr (1’030) deutlich zugenommen (+9%). Die Verstösse gegen das Betäubungsmittelgesetz sind seit längerem rückläufig und haben auch im Jahr 2022 um 23% (-17 Straftaten) abgenommen. Beim Ausländer- und Integrationsgesetz ergab sich eine Zunahme der Verstösse um 141% (+31 Straftaten). Die starke Zunahme der Widerhandlungen gegen das Ausländerrecht ist vornehmlich auf einen Fall im September 2022 zurückzuführen, als 23 illegale Flüchtlinge in einem Lieferwagen aufgegriffen werden konnten. Der mutmassliche Schlepper befindet sich nach wie vor in Untersuchungshaft.
Insgesamt wurden 320 beschuldigte Personen registriert, was im Vergleich zum Vorjahr (335 Personen) einen Rückgang von 4% darstellt. Die Aufklärungsquote liegt mit 38% (2021: 42,2%) leicht unter dem schweizerischen Durchschnitt (40,8%; 2021: 41,9%). Der Rückgang der Aufklärungsquote ist unter anderem mit dem markanten Anstieg der Einbrüche und der Cyberdelikte zu begründen. Die zunehmende Professionalität und die Mobilität der Kriminalbanden machen die Aufklärung im Bereich der Einbruchdiebstähle immer schwieriger. Auch die Aufklärung von Cyberdelikten wird immer komplexer, da die Täterschaft international agiert, professioneller vorgeht und über immer mehr finanzielle Ressourcen verfügt.
Vermögensdelikte: Markant mehr Einbruchdiebstähle
Die Vermögensdelikte sind im Vergleich zum Vorjahr mit 11% deutlich gestiegen. Vermögensdelikte machen den weitaus grössten Teil der polizeilich registrierten Straftaten gegen das StGB aus (653 Straftaten bzw. 58,3%). Davon entfallen 44,4% auf Diebstähle (inkl. Fahrzeugdiebstähle). Besonders gross war der Anstieg bei den Einbruchdiebstählen (+32 Straftaten bzw. +178%). Die Aufhebung der Einschränkungen im grenzüberschreitenden Verkehr dürfte die Reisetätigkeit mobiler Tätergruppierungen erhöht und so die Zahl der Einbruchdiebstähle beeinflusst haben. Der Trend der verübten Einbrüche ist aber im mehrjährigen Vergleich weiterhin sinkend:
Die Broschüre «Riegel vor!» der Schweizerischen Kriminalprävention gibt Tipps, wie man Wohnungen und Häuser gegen Einbrecher schützen kann (www.skppsc.ch).
Ebenfalls einen erheblichen Teil der Vermögensstraftaten machen Sachbeschädigungen aus (177 Straftaten bzw. 27,1%). 37,9% aller Sachbeschädigungen erfolgten im Zusammenhang mit Einbruchdiebstählen (67 Straftaten). Diese sind um 148% (+40 Straftaten) deutlich angestiegen. Bei den restlichen Fällen handelt es sich überwiegend um Vandalismus (71 Straftaten bzw. -30%). Ebenso zugenommen haben unter anderem der betrügerische Missbrauch einer Datenverarbeitungsanlage (+9 Straftaten bzw. +50%), die unbefugte Datenbeschaffung (+7 Straftaten bzw. +350%) und die Zechprellerei (+3 Straftaten bzw. +300%). Die Betrüge haben insgesamt um 7% (+6 Straftaten) zugenommen.
Rückgang der polizeilich registrierten Gewaltstraftaten
Im Jahr 2022 konnte erneut ein Rückgang bei den Gewaltdelikten (von 153 auf 139 Straftaten bzw. -9%) registriert werden. Davon wurden 58 im öffentlichen und 60 im privaten Raum verübt. Die Anzahl Delikte im Bereich der schweren Gewalt – sie macht 0,7% aller Gewaltdelikte aus – ist mit lediglich einer Straftat im Vergleich zum Vorjahr gesunken (-2 Straftaten bzw. -67%). Erfreulicherweise kam es im Jahr 2022 – wie bereits im Jahr 2021 – zu keinem Tötungsdelikt. Auch die minderschweren Gewaltdelikte haben insgesamt abgenommen (88 Straftaten bzw. -19%).
Erneuter Anstieg digitalisierter Kriminalität
Betrüger versuchen immer häufiger online oder per Telekommunikation an das Vermögen der Einwohnerinnen und Einwohner zu gelangen Insgesamt wurden 227 Straftaten mit einer digitalen Tatvorgehensweise verzeichnet. Das sind 72 Straftaten bzw. 46% mehr als im Vorjahr. 114 Straftaten gab es beim Cyberbetrug und 7 Straftaten im Bereich der verbotenen Pornografie. Beim Cyberbullying oder Cybermobbing wurden 11 Straftaten registriert. Dabei handelt es sich um den Einsatz von Handys, Instant-Messengern, E-Mail, Chat-Räumen oder sozialen Netzwerken wie Facebook und Twitter, um andere Personen zu belästigen, zu bedrohen oder einzuschüchtern.
Auch Fälle von Sextortion (money) sind im Kanton Nidwalden um 214% (+15 Straftaten) gestiegen. Sextortion (money) ist die Erpressung von Geld mittels Nacktaufnahmen oder Videoclips, auf welchen das Opfer sexuelle Handlungen an sich vornimmt, wobei die Veröffentlichung der Aufnahme auf einem Social-Media-Kanal oder der Versand derselben bspw. an Facebook-Freunde des Opfers angedroht wird. Hervorzuheben ist insbesondere der markante Anstieg von Geldwäscherei unterstützenden Finanzagenten (sogenannten money mule) um 45 Straftaten bzw. +1’500%, wobei ein Grossteil der Straftaten (43) auf einen einzelnen Fall zurückzuführen ist. Die markante Zunahme im Bereich Cybercrime veranlasst die Kantonspolizei Nidwalden, einen Ausbau des zuständigen Dienstes zu prüfen, damit sie mit den rasanten Entwicklungen Schritt halten kann. Es muss sichergestellt werden, dass die Cyberspezialisten die Ermittlung von Cyberfällen nicht vernachlässigen müssen und gleichzeitig die zunehmenden Bedürfnisse nach digitaler Ermittlungsunterstützung abdecken können.
Geringe Zunahme der Anzahl Delikte gegen die sexuelle Integrität
Im Jahr 2022 hat die Anzahl der registrierten Delikte gegen die sexuelle Integrität im Kanton Nidwalden leicht zugenommen (+3 Straftaten bzw. +11%). 43% der 30 Straftaten gegen die sexuelle Integrität entfielen im Jahr 2022 auf polizeilich bekannt gewordene Vorgänge im Zusammenhang mit sexuellen Belästigungen (+7 Straftaten bzw. +117%). Ebenfalls mussten 7 Fälle im Zusammenhang mit sexuellen Handlungen mit Kindern bearbeitet werden (+4 Straftaten bzw. (+133%). In diesem Zusammenhang wird die Broschüre der Schweizerischen Kriminalprävention «Pornografie: Alles was Recht ist» empfohlen (www.skppsc.ch).
Fälle von häuslicher Gewalt leicht rückläufig
Die Anzahl Delikte im Kontext häuslicher Gewalt, welche tatsächlich auch zu einem Strafverfahren führte, hat im Kanton Nidwalden im Jahr 2022 um 39% (-26 Straftaten) abgenommen. 49 Mal beschäftigte sich die Kantonspolizei Nidwalden im Berichtsjahr mit Einsätzen im Bereich der häuslichen Gewalt (2021: 105 Einsätze). 41 Fälle hatten eine Strafanzeige zur Folge. Um diese positive Entwicklung zu stärken, will die Kantonspolizei Nidwalden die Zusammenarbeit mit Partnerorganisationen wie etwa dem Sozialamt, der Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde oder dem Frauenhaus weiter intensivieren. Die Broschüre der Schweizerischen Kriminalprävention «Zuhause im Unglück» zeigt die Hilfsmöglichkeiten anschaulich auf (www.skppsc.ch) und speziell für Kinder wurde zu diesem Thema ein Faltblatt «Wenn’s gewaltig kracht zuhause …» erstellt.
Abnahme der Jugendkriminalität
2022 wurden weniger Jugendliche als Beschuldigte von Straftaten in der Kriminalstatistik verzeichnet (-8%, 47 Personen bzw. Gesamtanteil 14,7%; Vorjahr: 76 Personen bzw. Gesamtanteil 22,7%).
Erneute Abnahme der Betäubungsmitteldelikte: Kontrolldelikte mussten aufgrund der Arbeitsbelastung und der knappen Ressourcen zurückgestellt werden
Im vergangenen Jahr hat die Polizei im Kanton Nidwalden 57 Widerhandlungen gegen das Betäubungsmittelgesetz zur Anzeige gebracht (-17 Straftaten bzw. -23%). Grösstenteils handelte es sich dabei um Anzeigen wegen Konsum oder Besitz von Betäubungsmitteln (46 Straftaten bzw. 81%). Die Verzeigungen wegen Besitz haben insgesamt um 19% (-4 Straftaten) abgenommen. Total konnten 98,2% der Widerhandlungen gegen das Betäubungsmittelgesetz aufgeklärt werden. Die hohe Aufklärungsquote ist typisch für die sogenannte Holkriminalität, zu welcher auch Betäubungsmitteldelikte gehören. Sie werden kaum durch Hinweise Dritter entdeckt und geklärt, sondern durch polizeiliche Kontrollen (Kontrolldelikte) sowie Ermittlungen. Die Anzahl der Widerhandlungen gegen das Betäubungsmittelgesetz ist seit Jahren rückläufig. Dieser Trend widerspiegelt die Belastung der Polizei. Aufgrund der Bearbeitung von komplexen Fällen im Bereich der Vermögens- und Freiheitsdelikte im Jahr 2022, der Belastung durch die Alltagskriminalität und auf Grund der knappen Personalressourcen, musste die Kriminalpolizei Nidwalden die Bearbeitung weiterer wichtiger Deliktsbereiche, wie eben Betäubungsmitteldelikte, zurückstellen, was in der Polizeilichen Kriminalstatistik entsprechend zum Ausdruck kommt.
Anzahl Suizide und Suizidversuche bleiben auf konstantem Niveau
Im Jahr 2022 wurden 8 Suizidversuche (2021: 10) und 15 Suizide (2021: 16) verzeichnet, wovon 11 (2021: 12) durch Sterbehilfeorganisationen begleitet waren.
Der detaillierte Jahresbericht (Kriminalstatistik 2022) hier.
Quelle: Kantonspolizei Nidwalden
Titelbild: Symbolbild © Philipp Ochsner